Technik nachhaltig verwenden: Kopfhörer und Smartphones

Von Rene Reinisch

Der Verdacht, dass die Industrie Konsumartikel, wozu auch Unterhaltungstechnik gehört, mit vorkalkulierter Haltbarkeit produziert, ist ja nichts Neues. Es gibt sogar einen Begriff dafür: Obsoleszenz. Die Industrie hat begreiflicherweise Interesse daran, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Produkte zu verkaufen. Die frühere Strategie, für einen Markennamen Vertrauen durch besondere Qualität und Langlebigkeit aufzubauen, um Kunden daran zu binden, scheint aber vergessen worden zu sein. Ob sich die Obsoleszenz überhaupt vor dem Hintergrund, dass sich die meisten Konsumenten wünschten, die Produkte ließen sich reparieren, statt neue kaufen zu müssen, überhaupt auszahlt, ist gar nicht gesichert. Zu diesem Ergebnis kam nämlich ein Bericht der EU-Kommission von 2017, die sich darauf berief, dass 77 % so dachten, ehe die EU 2018 die ‘geplante Obsoleszenz’ verbot. Es mag sie aber immer noch geben, denn sie ist schwer nachweisbar, wenn nicht gerade Strategiepapiere aus einem solchen Unternehmen geleakt werden. Klar ist, dass Geräte, die frühzeitig defekt werden und irreparabel weggeworfen werden müssen, nicht in den zukunftsweisenden Trend der Nachhaltigkeit passen, ja das konkrete Gegenteil zu diesem Gedanken darstellen. Daher solltet ihr im Sinne eures ökologischen Fußabdrucks und auch um euren Geldbeutel zu schonen immer eruieren: Ist es preiswert machbar, gewisse Teile zu reparieren oder auszutauschen?

 

Langer Gebrauchsnutzen ist immer noch die beste Form von Nachhaltigkeit

Kopfhörer könnten eher noch in Eigenregie repariert werden, so ihr als Nutzer elementare Kenntnisse von Elektrik besitzt und mit Schraubendreher und Lötkolben umgehen könnt (vorausgesetzt, es gibt überhaupt sichtbare Schrauben daran), wenn ihr mal festgestellt habt, dass eine Ohrmuschel über Wackelkontakt beschickt wird. Aber Smartphones? Die Elektronik ist auf kleinstem Raum und unter Verwendung von Mikrochips verlötet. Wenn nicht hier, wo dann wird ein Kunde zum Achselzucken gebracht und ein Gerät beim geringsten Defekt aufgeben müssen, weil es so völlig irreparabel scheint? Und doch gib es Überlegungen, Smartphones in modularer Bauweise zu konstruieren, die zumindest den Ersatz einzelner vordefinierter Module darin ermöglichen. Vorausgesetzt, ihr als Kunde oder wenigstens eine Elektronikwerkstatt euers Vertrauens kann diagnostizieren, welches Modul nun ausgefallen und für den Ersatz fällig ist. Am einfachsten scheint noch zu sein, eine ältere Batterie von geringerer Ausdauer gegen eine (passende!) neue mit höher entwickelter Akkutechnologie zu tauschen. Doch auch hier können verkaufsgierige Produzenten tricksen: Die Batterie kann tadellos sein, aber ihr eingebauter Ladecontroller flaggt sie plötzlich als nicht mehr ladbar und das war’s dann wieder für euch und euer Smartphone. Wir kennen das zur Genüge von Laptop-Akkupacks. Wer seine Geräte möglichst schonend behandelt, kann wenigstens hoffen, dass sie länger halten.

 

Recyclen will ebenfalls gelernt sein

Die andere Frage im Zusammenhang mit einer Unvereinbarkeit mit dem Nachhaltigkeitsgedanken ökologisch sinnvollen Produzierens und Konsumierens ist, was mit ausgemusterten Akkus und all den anderen weggeworfenen elektronischen Bauteilen geschieht. Sie enthalten sowohl giftige als auch wertvolle Komponenten, und für beides ist ein detailliertes Recycling geboten. Lithium ist problematisch, sowohl im Recycling, wie im Nachschub neu abgebauten Lithiumerzes (was demnächst in Kärnten auf der Koralpe ansteht), so begehrt der Stoff auch ist, angesichts riesiger Nachfrage. Gerade in Zeiten der boomenden E-Mobilität wird jede Menge Lithium nachgefragt und verbaut. Der Ausbau von Komponenten aus weggeworfener Elektronik erfordert auch wieder Sachkenntnis und ist damit teuer in der Durchführung. Besser ist, es kommt gar nicht erst zum Wegwerfen, oder der Vorgang kann so lange wie möglich aufgeschoben werden. Und wenn es dann geschieht, passiert es hoffentlich über die vorgesehenen Kanäle, um das Material dem Recycling zuzuführen. Es braucht Fachkräfte, um Gold, Silber oder Wertvolle Erden zu identifizieren und von einer Platine zu holen.

 

Wer sagt, dass mit ökologisch sinnvoller Produktion kein Geld zu machen ist?

Näher am Zeitgeist sind da schon Firmen, die ihre Produkte dezidiert aus recycelten Bauteilen herstellen und sie auch als solche vermarkten. Ihre Kunden greifen dann bewusst zu solchen Geräten, um die Nachhaltigkeit zu unterstützen. Neben relativ unbekannten Marken wie Fairphone findet ihr da überraschenderweise schon einen solch globalen Player wie Apple platziert. Es kann also keine Rede davon sein, dass eine Zeitenwende wie die des ‘Green Deal’ gegen den Willen der Industrie durchgedrückt werden müsste. Es ist ganz ähnlich wie das Durchsetzen der E-Mobilität, die auch zuerst von der Politik über finanzielle Anreize und restriktive Vorgaben zu Emissionen, die erst in der Zukunft greifen werden – und dann erst von Verbrauchern und Autoindustrie aufgegriffen wurde. Wie zu sehen, ist damit ja auch Geld zu machen.

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